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>>> Der fiktive Autor in der Realität

 

Wie man vielleicht sagen könnte, dass die Belegbarkeit eines Zitates - nach 2000 Jahren Leseerfahrung, wie Fries meint - von untergeordneter Bedeutung sei und dass ein belegbares Zitat in nichts von einem unbelegbaren zu unterscheiden sei, könnte man sagen, dass die Belegbarkeit eines Autors, und gerade wenn er sich aus seiner Autorschaft davongeschlichen hat, von keinerlei Wichtigkeit sei. Die meisten Autoren geben in ihrer Literatur keine Anhaltspunkte für ihre reale Existenz, wie sollte es da eine Bedeutung haben, wer in einem Text spricht. Als Leser haben wir oft genug keine Ahnung von der Person, die das vor uns liegende geschrieben hat. Dass wir uns diese im Text gespiegelte Person als den Autor vorstellen, tut nichts zur Sache: Unsere Vorstellung muss sich ja nicht mit der Realität decken. Denn dass jemand spricht, wird man bestimmt nicht abstreiten wollen. Nur, wer es ist, was solls?

 

«Herbert Quain ist in Roscommon gestorben», beginnt Borges seine Untersuchung über das Werk von Herbert Quain. Wir glauben ihm dies ohne weiteres. Auch wenn wir den Autor von «The God of the Labyrinth» nicht kennen.
«Das sichtbare Werk, das dieser Romancier hinterlassen hat, ist leicht und kurz aufzuzählen.» Auch «Pierre Menard, Autor des Quijote» ist uns unbekannt: Was solls? An einen Autor einen Text geschrieben hat wie «Les problèmes d'un problème», oder aber das Gedicht «Cimetière Marin» von Paul Valéry in Alexandriner übertragen hat, dürfen wir getrost glauben.
Oder: «Pale Fire, ein Gedicht in Doppelreimen, neunhundertneunundneunzig Pentameter umfassend, eingeteilt in vier Gesänge, wurde verfasst von John Francis Shade (geb. am 5. Juli 1898, gest. am 21. Juli 1959) während der letzten zwanzig Tage seines Lebens aus seinem Wohnsitz in New Wye, Appalachia, USA.» Wir lesen dieses Vorwort, dann das Gedicht und die nachfolgende Abhandlung des Herausgebers und die Frage, ob es Mr. Kinbote, den Herausgeber, oder diesen John Francis Shade, den Dichter, je gegeben hat, wird unwichtig angesichts der Kraft des Textes von Nabokov.