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Wie es der Textrecycler ständig und immer wieder mit Liebe zu tun hat, verfolgt ihn auch der Tod auf Schritt und Tritt. Und Mord gehört wie nicht nur das Meiringen-Beispiel zeigt zum Tagesgeschäft. Mit dem Auftauchen des Drood-Fragmentes im Wortwerk kam eine ganze Reihe von Ereignissen ins Rollen.

Das Fragment, eigentlich ein Brief, der der Firma anonym zugestellt worden war, hatte schlicht den Inhalt, dass eine unbekannte, endesunterzeichnete Person zu wissen vorgab, dass ein Junge, den sie mit «mein lieber Junge» bezeichnete, ermordet worden sei. Sie schrieb: «Die Entdeckung der Uhr und der Kravattennadel beweist mir, dass er in jener Nacht ermordet worden ist und dass ihm der Mörder die Schmuckstücke abgenommen hat, um eine Identifizierung durch sie zu verhindern.»

Die Wortwerker reisten sofort nach England ab, denn der einzige Hinweis war der Poststempel von Cloisterham. Allein das ruhige Hafenstädchen machte nicht den Eindruck von Mord und Totschlag. Wenzel mietete die Delegation in Furnival's Inn ein und man beschloss abzuwarten. Die einzigen Menschen, die in Cloisterham gesprächig zu sein schienen, waren allerdings nur ein gewisser Mr. Tope, Küster der Kathedrale und Fremdenführer und Mr. Crisparkle, Hilfskanonikus, Frühaufsteher, musikalisch, klassisch gebildet, munter, freundlich, gutmütig, gesellig, genügsam und jungenhaft, den besagter Mr. Tope von den Hauptstrassen der heidnischen Kultur abgebracht und in seine jetzige christliche Stellung befördert hatte. Sagte Mr. Tope. Neben diesen beiden Herren der Kirche begegneten den Wortwerkern vor allem Seeleute, chinesische, südamerikanische und ostindische Matrosen, die in den Hafenkneipen herumlungerten und tranken. Es war schnell klar, dass es in dieser Umgebung nichts zu ermitteln gab. Immerhin brachten die Recycler ergiebige Protokolle der Gespräche mit dem Küster und dem Kanonikus nach Hause. Der Fall blieb ungelöst und ist es noch heute, daran änderte auch eine Jahre später abgehaltene Konferenz internationaler Kriminalisten in Rom nichts (siehe dazu die Schrift von Fruttini, Turin 1989).

Die Vermutung liegt nahe, dass das Wortwerk an der Lösung der kriminalistisch interessanten Fälle nicht interessiert war. Denn alle Arten von Fällen, die sowohl schriftlich als auch mündlich verhandelt werden, geben, sobald sie gelöst sind, nicht mehr viel her.

Gerade die vom Wortwerk (und anderen Firmen) bearbeiteten Quellen zeigen aber auch deutlich, wie unmöglich es ist, unbefangen an Texte heranzugehen und diese unvoreingenommen zu bearbeiten: Immer schieben sich die eigenen Erlebnisse vor den Text und bringen den Autor vom Pfad der Schrift ab. Das Paradoxe an dieser Tatsache ist allerdings, dass es auch der Leserin nicht anders geht. Wir sind hier in einem ewigen Textkreislauf gefangen und haben wenig Hoffnung, je wieder herauszufinden.