Hugo Venza: Tengor Zentral-Station: Der Tengoreer Bahnhof

 

Blick auf den Bahnhofplatz und die Gebäude des Bahnhofs Tengor

 

Im Oktober 1836 wurde in Tengor eine königliche Kommission bestellt, der die Aufgabe übertragen wurde, die zukünftige Entwicklung zur Erschliessung des Landes mittels der Eisenbahn unter die Lupe zu nehmen. 1838 empfahl die Kommission den Bau von zwei Hauptgleisen, eins im Nordwesten und eins im Südwesten. Sie stellte weiter fest, dass der Westen zusätzlich ausreichend durch die vorhandene Kanalstruktur ausgebaut sei. Die allgemeinen Meinungen änderten jedoch bald und in den frühen 1840er Jahren wurde der Bau des Streckennetzes in Angriff genommen. 1845 wurde die Linie Tengor-Sankt Georg, mit einem Zweig nach Sturf, ein Netz von immerhin 76 Meilen, dem Verkehr übergeben. Bis 1946 wurden weitere 20 Meilen bis nach Entfeld gebaut. 1848 erreichte die Eisenbahn Weilen und drei Jahre später, 1851, Zett, eine Kleinstadt im Osten des Landes, wo man die Eisenbahn mit grosser Aufregung erwartete.

Der Ingenieur, der für den Bau der Eisenbahn verantwortlich war, war Georg Hehmanns, ein junger Stadtingenieur und der Sohn des Kapitäns Alfred und der Felicia Dorothea (geborene Braun) Hehmanns. Seine Mutter war eine Dichterin und genoss zu ihrer Zeit grosse Popularität. Ihre Poesie behandelte vorwiegend romantische Themen - die heroische, malerische Natur - und vermied die Schwierigkeiten von Gedanke und Ausdruck. Dabei drehten sich ihre Gedanken auch um die dunkleren Aspekte des Lebens, blieben aber immer romantisch und einfach, und dabei durchaus beachtlich. Die meisten Gedichte, veröffentlichten 1808, hatte Felicia geschrieben, als sie zwischen acht und dreizehn Jahren alt war. Sie veröffentliche insgesamt mehr als zwanzig Bücher.

Die Tengoreer Eisenbahngesellschaft (TEG) richtete den Hauptsitz im eben gekauften Kanaldepot bei Tengor-Breitstein her. Der Hauptsitz diente vorübergehend auch als Bahnhof. Als später eine neue Station eröffnet wurde, wurde der Hauptsitz in einen Hotelbetrieb umgewandelt, um den Chauffeuren und Lokomotivführern, die über Nacht in Tengor bleiben mussten einen Dienst zu erweisen.

Gerade elf Jahre nachdem die Station aufgebaut wurde, wurden umfangreiche Änderungen am Bahnhofsgebäude nötig. Ausserdem wurde eine schöne, von Metallpfosten getragene Säule aufgerichtet, die von den Passanten von weitem schon gesehen werden konnte. Diese Entwicklungen stiess bei vielen Einwohner Tengors auf wenig Verständnis. Man wunderte sich, wieso an einem verhältnismässig modernen Gebäude schon wieder gebaut werden sollte. Im April 1861 liess sich die Tengoreer Abendpost über die Bauwut der Verantwortlichen aus und hätte mit dem Artikel beinahe die Arbeiten verhindert. Doch es kam nicht soweit: Der Fortschritt war nicht mehr aufzuhalten.

Nach dem zeitgemässen Umbau des Gebäudes selbst wurde auf der Rückseite des Bahnhofs eine Plattform für die Ankommenden gebaut. Sie öffnete sich auf einen Platz hinaus, der ungefähr 50 Fuss in der Breite und 600 Fuss in der Länge mass. Die Änderungen waren denn auch merkliche Verbesserungen, vor allem für die Passagiere. Das Innere der Station wurde durch einen Anstrich in den hellen Farben des Dachs verschönert und auch die Säule war jetzt in jeder Weise einem würdigen Bahnhofsgebäude angemessen. 1879 wurden weitere Veränderungen durchgeführt, einschliesslich ein vorgeschlagenes Wagensystem und der Umbau des Warenspeichers in ein Lastwagendepot. Der Hafenspeicher, an dem die Boote anlegten und neue Ware ein- und ausluden, wurde neu als Bauholzspeicher verwendet.

Es wurde aber auch an anderen Entwicklungen fieberhaft gearbeitet. Die TEG selbst entwickelte zwischen 1857-1879 ein Systems, das es erlauben sollte, ihre eigenen Lokomotiven und Wagen zu bauen. Das folgende kurze Extrakt aus dem «Tengoreer Eisenbahner» von Februar 1879 gibt eine Beschreibung des neuartigen Bahnwagens: «Uns wurde ein ausgezeichnetes Probematerial vorgestellt: In einem Erstklass-Familien-Wagen wurden Couches, Lehnsessel, eine Toilette am Ende des Wagens und andere gesundheitliche Requisiten für die Reisenden gezeigt. Diese Erneuerungen zeigen, dass die TEG alles für ein agreables Reisen tun will.»

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Strecken dann weiter ausgebaut. Zu dieser Zeit dauerte die Reise von Tengor nach Breitstein, mit dreizehn Stationen unterwegs, 2 Stunden und 10 Minuten. Die Reisezeit war damit schon beträchtlich verringert worden.
Schon in den 30er Jahren wurde der einst so moderne Bahnhof von Tengor nicht mehr gebraucht und ab 1937 als Warenlager für Schienen verwendet, obgleich mit dem Aufkommen des Dieselmotors um 1950, eine schlechte Zukunft für den Eisenbahnverkehr heraufzog. Im November 1954 wurden die Depots in Tengor vollständig reorganisiert. Eichenhart zum Beispiel wurde ein Dieseldepot.

In den späten fünfziger Jahren kam es dann nach einer über 100-jährigen Blütezeit zum definitiven Niedergang der Dampfeisenbahnfahrt. Der Bahnhof wurde, nachdem er Jahrelang als Lager gedient hatte, zu einem Busterminal umgebaut. Ein grosser Wasserturm, der einst der Dampfeisenbahnfahrt gedient hatte wurde bis in die frühen achtziger Jahre dazu verwendet, um Busse zu waschen. Heute ist der ehemalige Bahnhof privat und wird von verschiedenen Leuten bewohnt.

 

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